ANDI SCHWEIGER

Fotocredit: Jelena Moro

„Ich wollte immer Koch werden.“

Der Beruf Pilot oder Zugführer kam für Sternekoch Andi Schweiger
(geboren am 5.3.1976) nie in Frage. Schon als junger Bursche diktiert
der gebürtige Karlsruher der jüngeren Schwester seinen Wunsch ins
Poesiealbum. Erklären kann er sich das nicht. Der Mutter schaut er
über die Schulter in die Kopftöpfe, aber mehr passiert zunächst nicht.

Mit 17 Jahren nehmen ihn die Eltern eines sehr guten Freundes mit
ins Sterne-Restaurant ‚Fallert‘ in Sasbachwalden im Schwarzwald,
er stellt sich vor, unterschreibt nach einem einwöchigen Praktikum
seinen Lehrvertrag. Fast ein Jahr pendelt er mit dem Moped die 17 km
hin und her, bevor er das Elternhaus verlässt. Heimweh kennt er nicht,
die Arbeit ist zeitintensiv. Obwohl ein Frischling, lässt er sich nicht auf
der Nase herumtanzen, die gesunde Balance zwischen eigener
Meinung und Respekt vor Erfahrung
stimmt schon früh. Auch die
Umstellung von sechs Stunden Schule auf einen 14-stündigen Arbeitstag
gelingt ihm.

Nach der Lehre folgt der Zivildienst als Pfleger in einem Altenheim.
Um keine Zeit zu vertrödeln und nicht aus dem Rhythmus zu kommen,
arbeitet er weiterhin nebenher. Sein Chef aus dem Schwarzwald empfiehlt
ihn dem Fernseh- und Sternekoch Vincent Klink und dessen Stuttgarter
‚Wielandshöhe‘. Nach vier Monaten kehrt er für ein halbes Jahr in den
Schwarzwald zurück, um nach London zu gehen. Im ‚Dorchester‘, einem
der renommiertesten Hotels weltweit, perfektioniert er sein Schul-Englisch,
lernt die Stadt aber erst am Ende seiner Zeit dort richtig kennen, als der
Küchenchef wechselt und „nur noch acht Stunden“ gearbeitet werden dürfen.

Dann die Rückkehr in die Heimat, ins Sterne-Restaurant ‚Krone‘ in
Herxheim. Anderthalb intensive Jahre. Die Bewerbung für das ‚Mandarin
Oriental‘ in Bayerns Landeshauptstadt ist seine letzte. Danach geht alles
von alleine.
Sein Münchner Mentor Holger Stromberg gibt ihm die Freude am Kochen
zurück. Als Küchenchef im ‚Cocoon‘ lernt er trotz Höchst-Belastung die
Gelassenheit lieben.

Nach 1 ½ Jahren mit Stromberg und ihrem gemeinsamen Projekt
*G*Munich‘ verwirklicht er 2006 endlich seinen Traum vom eigenen
Restaurant: Zusammen mit seiner Frau Franziska eröffnet er das
‚Schweiger² Restaurant Showroom‘
in der Münchner Lilienstraße.
Als Lohn für seine außergewöhnlichen kulinarischen Künste erhält er
2009 seinen ersten Michelin-Stern.

„Stillstand ist der Tod“.

Dieses alte Credo gilt besonders für Köche. Und Schweiger weiß,
wovon er spricht. Die Konkurrenz ist groß, belebt aber das Geschäft.
Und manchmal leistet auch der Zufall Hilfestellung: Als eines Tages
durch einen Druckerdefekt keine neuen Menü-Karten zur Hand sind,
muss er improvisieren. Seine Frau gibt den Beckenbauer: „Geh‘ raus
und rede mit den Gästen.“ Er tut es, das Konzept kommt an. Motto:
„Entweder gibt es ein Überraschungsmenü mit sieben Gängen oder
ich verrate, was ich heute da habe.“
Bei Schweigers bekommt man keine festen Menüs, der Koch lernt vom
Gast und umgekehrt. Auch Kochkurse am Wochenende ab 16 Uhr sind
ein fester Bestandteil des kleinen, aber feinen Restaurants.
Schweiger ist angekommen in der gehobenen Gastronomie. Als
er für die ProSieben-Sendung ‚Galileo‘ einen Beitrag filmt, stehen ihm
plötzlich die TV-Türen offen: Seit zweieinhalb Jahren ist er Mitglied bei
den erfolgreichen ‚Kochprofis‘, einer Sendung auf RTL II, ein schwarzer
Kochkittel sein Markenzeichen.
Schweiger passt sich nicht an, er nimmt seine „rockige Einstellung“ mit
in den Job. Konventionen sind da, gebrochen zu werden. Als der Schwarz-
kittel in Mode kommt trägt er wieder weiß. Auch die Haare sind jetzt
kürzer, die Baseballkappe ist Geschichte. Der Karlsruher Koch fühlt sich
als Querdenker und Freigeist wohl. Wo die Reise hingeht, weiß er nicht.
„Köche sind von Natur aus wie Wandervögel.“
Einen Traum will er sich noch erfüllen: ein halbes Jahr Auszeit und dann
ein Kochbuch schreiben. „Mit eigenen Texten und Fotos.“ Es würde seine
Fans auch nicht verwundern, wenn die geliebte Hausmannskost darin
prominent vertreten ist: „Eintopf zum Beispiel.“